Autor*innen sind im Normalfall ja nicht greifbare, beinahe mystische Wesen, deren tatsächliche Existenz für die gemeine Leserin mitunter durchaus fraglich ist: Welcher echte Mensch schafft es schon, ein ganzes Buch zu schreiben? (Wo ich doch schon an manchen Sätzen scheitere?) Welcher echte Mensch hat so schlaue Gedanken? Wer kann so eine gute Geschichte konstruieren? Wer kann so unglaublich (sic!) gut formulieren, hat so einen Witz, weiß so viel, hat so ein Durchhaltevermögen, etc…
Elisabeth Lechner – also Dr. Elisabeth Lechner, BA BA, MA MA – ist allerdings die leibhaftige Beweis für die Existenz solcher Wesen: Ich konnte sie nicht nur persönlich hören und sehen, sondern auch schon umarmen! (Und das in virologisch bedenklichen Zeiten!) Es gibt sie also wirklich, die blitzgescheiten, witzigen Autor*innen! Zudem ist Eli Lechner auch noch sehr eloquent und trägt mitreißend vor. Soll heißen: Lest nicht nur ihr Buch, sondern geht zu einer Veranstaltung, bei der sie spricht!
Mir war das zuletzt gegönnt bei der Auftaktveranstaltung der #somec22 der Social Media Conference der Grünen Wirtschaft. Diese jährlich stattfindende Konferenz, die meine Kollegin Bobby Hermann-Thurner organisiert, widmete sich Ende letzten Jahres (u.a.) dem Einfluss des Äußeren auf den (beruflichen) Erfolg. Und da kam Eli Lechner als Key-Note-Sprecherin mit ihrem Buch Riot, dont diet, mehr als recht!
Aufstand der widerspenstigen Körper
Riot, don´t diet ist der (populär)wissenschaftlich Aufschrei gegen (patriarchal-kapitalistische) Schönheitsnormen. Lechner macht bewusst, wie wir uns – mehr oder weniger freiwillig – dem Diktat dieser Normen unterwerfen, welche Formen der Diskriminierung daraus entstehen und wer davon profitiert.
Dick, alt, behindert, non-binär, Haare an der falschen Stelle = eklig! Eklig bedeutet aber natürlich auch weniger (bis keine) Repräsentation, weniger Chancen im Beruf, versteckte bis hin zu offener Diskrimierung, im Extremfall sogar Morddrohungen!
Über diese Bestandsaufnahme hinaus geht die Kulturwissenschafterin der Frage nach, wie digitale Medien diese Einstellungen und Verhaltensweisen verstärken, bzw. ob nicht gerade erst dank dieser Vernetzung und gemeinsamer Kampf möglich wird.
Moralinsaure Vorträge sind Lechners Sache nicht. Ihr Schreibstil ist leichtfüßig, gespickt mit (manchmal sehr betroffen machenden) Anekdoten und vielen Referenzen.
Wer sagt(e) mir, was ich schön zu finden habe?
Mit einigen Themen des Buches habe ich mir richtig schwergetan. Natürlich bin auch ich geprägt durch jahrezehntelanges Brainwashing! Was, mein lebenslanger Kampf gegen Fettpolster soll nicht intrinsisch motiviert sein? Was, mensch kann auch mit 20 kg mehr glücklich sein!? Ich rasiere meine Achseln++ (also eigentlich alles außer Kopf- und Augenhaare) vielleicht gar nicht, weil ich das will, sondern weil es andere wollen? Alles Fragen, die mensch sich nicht gerne stellt. Auch will frau nicht gerne gesagt bekommen, dass „normschöne“, noch dazu weiße, noch dazu blondhaarige Menschen wie ich, extrem viele, einander verstärkende (= intersektionale) Privilegien genießen…
Tatsache ist, dass wir alle Menschen – auch uns selbst – zu sehr nach ihrem Äußeren beurteilen. Machen wir uns das bewusst. Treten wir mutig & laut gegen Diskriminierung auf. „Verschönern“ wir lieber unser Inneres – das strahlt nach außen!
Die so gewonnene Zeit und Energie benötigen wir ohnedies dafür, den Männern die Macht zu entreißen, und den Planeten zu retten!
Erster Satz
„Es ist Zeit für eine Schönheitsrevolution, einen Aufstand der wiederspenstigen Körper!“