Joachim Meyerhoff liest Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke

Joachim Meyerhoff liest Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke

Großartiges Hörvergnügen auf höchstem Niveau!

Dieses Hörbuch ist nicht für das Hören in der Öffentlichkeit gemacht. Es sei denn, mensch ist völlig humorbefreit, kann sich das Lachen für den Keller aufheben oder ist schambefreit. Denn: lautes Lachen garantiert!

Joachim Meyerhoff, Autor und Schauspieler, liest sein eigenes Buch. Er tut dies so eindringlich und authentisch, dass ich eine unbedingte Empfehlung für das Hörbuch ausspreche. Meyerhoff gibt die Erlebnisse seiner Studentenjahre, die er bei seinen Großeltern wohnend verbracht hat, extrem herzhaft wieder. Selten wurden Familienmitglieder, -traditionen,  und Spleens dermaßen witzig beschrieben: Der bourgeoise Habitus, die Divenhaftigkeit der Großmutter, Großvaters Hyperintellektualität, beider intensiver und regelmäßiger Alkoholkonsum, die Marotten die sich über die Jahre gefestigt haben, die physischen und psychischen Ausfälle, die Gewohnheit und Altern mit sich bringen.

Köstlich auch das Kapitel über die Aufnahmeprüfung in die Schauspielschule, die Meyerhoff – trotz explizierter Unengagiertheit – zu seiner großen Überraschung, geschafft hat. Oder die Erinnerung an den Familienausflug mit Picknick, der ein fatales, automobiles Ende nimmt.

Meyerhoffs Vortrag ist extrem dicht und laut und dennoch sehr intim. Fast hetzt er duch seine Jugendjahre, soviel hat er zu erzählen. Wenn er den alkoholischen Tagesablauf seiner Großeltern beschreibt, fühlt sich die Zuhörende spätestens zu Mittag ebenfalls beschwipst. Selbst den Tod des Großvaters weiß Meyerhoff komisch nachzuerzählen, wenngleich man ihm den Schmerz ob des Verlustes deutlich anhört.

Falls ihr euch (oder anderen) zu Anfang des neues Jahres etwas Gutes tun wollt, gönnt euch dieses Hörbuch! Es ist prachtvoll-komisch, sehr gescheit und äußerst liebenswert!

ach-diese-luecke

Hörprobe

Hohes Suchtpotenzial, erschreckend aktuell: Greg Iles, Natchez Burning (Hörbuch)

Hohes Suchtpotenzial, erschreckend aktuell: Greg Iles, Natchez Burning (Hörbuch)

Ihr habt Glück, dass ich überhaupt einen neuen Blogbeitrag schreibe. Meine freie Zeit verbringe ich die letzten Tage nahezu ausschließlich kopfhörend. In meinen Ohren dröhnt der tiefe Bass von Uve Teschner. Er beamt mich in Sekundenschnelle nach Natchez, Louisiana: Dort versucht Penn Cage, Bürgermeister der Kleinstadt am Mississippi, seinen Vater, den hochangesehenen Gemeindearzt, vom Vorwurf des Mordes reinzuwaschen. Doch das Kratzen an der Oberfläche einer Gesellschaft, in der immer noch primitivster Rassismus gepaart mit mafiösen Strukturen, herrschen, bekommt den wenigen Aufrichtigen nicht gut. Und schon sind wir mittendrin in einer extrem spannenden, extrem brutalen (einziger Kritikpunkt!) Geschichte, der man nicht mehr auskommt…

Sehr schädlich für die Kommunikation in der Familie und das Golfspiel. Sehr bewegungsfördernd für den Hund, der sich wundert, dass die Spazierrunden immer länger und die Aufmerksamkeit vom Fraudi immer geringer wird.

Natchez Burning Autor: Greg Iles Gesprochen von: Uve Teschner Spieldauer: 32 Std. 28 Min. Anbieter: Random House Audio, Deutschland
Natchez Burning
Autor: Greg Iles
Gesprochen von: Uve Teschner
Spieldauer: 32 Std. 28 Min.
Anbieter: Random House Audio, Deutschland

Hörprobe

 

Hörbuch: Alexander von Schönburg, Weltgeschichte to Go, gelesen von Christoph Maria Herbst

Hörbuch: Alexander von Schönburg, Weltgeschichte to Go, gelesen von Christoph Maria Herbst

Wer, wie ich, in allen Fahrzeugen zur Übelkeit neigt und daher in eben jenen unmöglich lesen kann, dem seien Hörbücher aller Art zu empfehlen. Vor allem jene, bei denen man – im Vorbeigehen, bzw. -fahren – gut unterhalten oder gescheiter wird. Im besten Fall sogar beides. Das trifft jedenfalls auf Alexander von Schönburgs Weltgeschichte to go zu.

Kaum hatte ich das – einzelne Fächer mehr betreffende – Schultrauma überwunden, also so mit 35-40 Jahren, begann ich mich für das zu interessieren, was mich in der Schule besonders langweilte: Geschichte. Und zwar für die Geschichten in der Geschichte und die Geschichten hinter der Geschichte – sprich Geschichtstheorie. Die Darstellung der Vergangenheit ist ja wesentlich geprägt von der Motivation des Erzählenden, seiner Biographie/Ideologie, seiner Ziele oder der seine Auftraggeber. (Hier erspare ich mir ganz bewusst das Gendern, Geschichtsschreibung ist zu größten Teilen eine rein männliche Angelegenheit. )

Alexander von Schönburg ist Journalist. Er kann von Berufs wegen toll Geschichten erzählen. Und genau das macht er in Weltgeschichte to go: Er erzählt spannende Geschichten, klärt uns über die größten Missverständnisse bzw. Fehlinmformationen der Weltgeschichte auf und schafft es – ganz social-media-gerecht – jedes Kapitel mit einer Bestenliste zu beschließen! „Infotainment at it´s best“ (Randomhouse). Und ich würd´s nicht abschreiben, wenn ich nicht dieser Meinung wäre.

Christoph Maria Herbst (aka Stromberg) ist ein sehr deutscher Sprecher und wirkt daher ein bisserl schnöselig. Doch sein Timbre ist super angenehm und sein  schauspielerisches Talent verleiht dem Text eine großartige Lebendigkeit.

Ein perfektes Hörbuch für alle Lebenslagen: U-Bahn-, Wald- und Sonnenbad-erprobt, das uns in 5 Stunden wieder ein bisschen gescheiter macht und uns wehmütig daran erinnert, was Schule alles nicht geleistet hat…

Weltgeschichte to go Alexander von Schönburg Gesprochen von: Christoph Maria Herbst Spieldauer: 05 Std. 12 Min. Random House Audio, Deutschland
Weltgeschichte to go
Alexander von Schönburg
Gesprochen von: Christoph Maria Herbst
Spieldauer: 05 Std. 12 Min.
Random House Audio, Deutschland

Zu Hörprobe

Oskar – Magazin für ein natürliches & autarkes Leben

Oskar – Magazin für ein natürliches & autarkes Leben

Sommerleseempfehlung II

Ich kann ja das Wort Startup nicht  mehr hören. Alle wirtschaftspublizistische und  pekuniäre Förderenergie fließt in mehr oder weniger dubiose 1-2Manshows (selten Women), die es schaffen sich gut zu vermarkten. Wenn erfolgreich – also skalierbar -, ziehen sie die komplette Wertschöpfung ab und lassen einen oder zwei Superreiche zurück, die sich fortan Business Angels nennen und in Startups investieren,…

ABER der WOHNWAGON ist da ganz anders! Erstens: weiblich! Zweitens ist die Idee an sich schon nachhaltig: Wohnen auf kleinstem Raum, 100% autark. Drittens: Die Wertschöpfung bleibt im Lande, regionale, kleine Zulieferfirmen werden beschäftigt, Arbeitsplätze im Inland geschaffen. Viertens: Das Wissen um die autarke Lebensweise wird Opensource-artig geteilt. So muss Startup heutzutage!

Und der Oskar ist das Magazin, das das Wohnwagon-Team herausgegeben hat. Ein sehr liebevoll gemachtes Heft, schöne Fotos, nette Texte, locker-flockig geschrieben. Ja, ein bisserl Beweihräucherung der schönen Wohnwagons ist dabei, aber völlig zu Recht! Sonst jede Menge

  • Tipps & Tricks für den Alltag
  • Inspirierende Projekte & Ideen
  • Praktische Produkte & Do it Yourself Anleitungen
  • Terra preta, Permakultur, Wurmkompostierung, Kompostierung und alles was man sonst noch braucht um die Welt zu retten
  • Anregungen für nachhaltiges Bauen & kleines Wohnen

Bestellen kannst du das Magazin um wohlfeile 9,50 auf der ohnedies besuchenswerten Website vom Wohnwagon.

Ich freue mich auf eure Autarkie-Erlebnisse: Pains & Gains, Successes & Fails inklusive!

Robert Seethaler, Der Trafikant

Robert Seethaler, Der Trafikant

Nicht mehr neueste Ware, aber aktuell, da der Autor mit einigen Auszeichnungen versehen wurde – die wichtigste: Buchpreis der Wiener Wirtschaft. Nein, Spaß beiseite: Robert Seethalers Roman, Ein ganzes Leben, wurde für den Man Booker Prize nominiert. Der Man Booker International Prize gehört zu den renommiertesten internationalen Literaturpreisen.

Aber zurück zum Trafikanten. Eigentlich hab ich das Buch für meinen Kollegen und Freund Ronny gekauft, dessen Grafikstudio „Trafikant – Handel mit Gestaltung“ heißt. Als ich das Buch entdeckte, war es aber schon ein alter Hut (Erscheinungsjahr 2013) und  – natürlich – irgendwer war schneller: Ronny kannte es schon. Also kam es zu  mir zurück. Und jetzt ist es gelesen. Und es ist gut. Also ich jedenfalls mag es sehr. Es ist eine unaufgeregte Geschichte von einem jungen Mann, der vom Ausseer Land in die große Stadt kommt. Bei einem Verwandten, der eine Trafik führt, findet er Aufnahme. Nach und nach lernt er die große Welt aus den Zeitungen, die Vorlieben der Stammkunden, die Aromen der Zigarren und die Liebe kennen.

Ein Stammkunde, ein gewisser  Dr. Freud, interessiert Franz besonders, heißt es doch, der berühmte Doktor könne Menschen in Liebesdingen heilen. Und die Liebe macht Franz zu schaffen. Also beschließt er, den Professor um Rat zu fragen. Beharrlich verfolgt er Freud (Heute wäre Franz ein Stalker 😉 und schafft es, das Interesse des Psychoanalytikers zu wecken. Die unverfrorene Art des jungen Trafikanten  imponiert dem alten Herren. Immer wieder suchen sie das gemeinsame Gespräch.

Doch die Freundschaft währt nicht lange. Die Nationalsozialisten kommen an die Macht. Franz´ Onkel, der aufrechte Trafikant, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält, wird rasch ein Opfer der Gestapo.  Auch Freud muss Wien verlassen und schafft noch rechtzeitig die Flucht nach England. Nicht ohne noch ein letztes Mal mit seinem jungen Freund ein Gespräch über die Liebe zu führen.

Der Trafikant ist ein aufgeregtes, stilles Buch. Mit feinem Humor und viel G´spür. Andreas Platthaus, Literaturkritiker der FAZ schreibt: „Diese unerklärliche Leichtigkeit des Schreibens ist so wohltuend.“ Genauso habe ich das auch empfunden: Große Schicksale werden mit einer Leichtigkeit erzählt, die man sich selbst für seine Einstellung zum Leben wünschen würde!

Robert Seethaler
Der Trafikant
Klein & Aber Pocket
250 Seiten
978-3-0369-5909-2

 

Erster Satz: An einem Sonntag im Spätsommer des Jahres 1937 zog ein ungewöhnlich heftiges Gewitter über das Salzkammergut, das dem bislang eher ereignislos vor sich hin tröpfelnden Leben Franz Huchels eine ebenso jähe wie folgenschwere Wendung geben sollte.

Robert Misik präsentiert im HUB sein neues Buch Kaputtalismus

Robert Misik präsentiert im HUB sein neues Buch Kaputtalismus

Das wird jetzt keine Buchbesprechung. Ich habe das Buch noch nicht gelesen. Aber gestern präsentierte Robert Misik auf Einladung der Grünen Wirtschaft sein neues Buch im HUB. Ich mag ja Misik. Er ist einer der wenigen die so über Wirtschaft schreiben, dass ich Lust hab, das auch zu lesen. Und natürlich auch, weil Misik ein Linker ist, dem es nicht an Humor mangelt.

Der HUB ist voll. Und auf den ersten Blick würde man gar nicht glauben, dass es sich um eine „grüne“ Veranstaltung handelt. Gut, die Location und das Catering der Hollerei  lassen schon vermuten, dass sich hier weder rechte noch konservative Recken treffen. Aber lauter durchwegs gut angezogene Menschen, inkl. Volker Plass, dem Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, der optisch auch voll als Rechnungshofspräsidentenaspirant durchgehen würde in seinem dunklen Anzug (was er spätestens in dem Moment zu bereuen beginnt, als er seinen Moderatorenplatz unter den Scheinwerfern einnimmt). Kein Vollbart unter den Männern! Viele Frauen sind da! Yes! (Bei der letzten Veranstaltung dieser Art, als es um Gewinne aus ethischen Investments ging, waren die Y-Chromosome viel zu spärlich vertreten.)

plenum_MISIK

Also es ist heiß. Volker Plass hat den Zeitpunkt, das Sakko auszuziehen, bereits verpasst, als Robert Misik beginnt, in kurzen Zügen den Inhalt seines Buches zu skizzieren.

„Die Weltfremdheit der Austeritätspolitik versteht sich von selbst.“ sagt er eingangs. Nun ja, innerhalb des HUBs sicher, aber außerhalb?!

Dann folgte irgendwas, was ich nicht verstehe und ich frage mich besorgt, ob die Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Event vielleicht war, das Buch bereits gelesen zu haben. Doch nein. Schnell wurde es wieder verständlich.

Misik möchte sein Buch nicht als Kapitalismuskritik verstanden wissen, sondern als Bestandsaufnahme, als Analyse dessen was bereits zu beobachten ist und worüber namhafte Ökonomen bereits publizieren. Dass es so nicht einfach weitergehen kann, sei uns (who is uns?) klar. (Den Entscheidungs-Eliten m.E. allerdings nicht.) Der Kapitalismus, der davon lebt, dass man zunächst Schulden macht, die man anschließend aus wachstumsgenerierten Gewinnen zurückzahlt, funktioniere nicht (mehr), wenn es kein Wachstum gibt. Und das gebe jetzt schon länger nicht mehr. /Und auch wenn die G7 in Tokio beschließen, „weltweites Wachstum zu fördern“, dann zeigt das nur, wie jämmerlich alternativenfrei auf supranationaler Ebene „gespint“ wird./

Die Symptome des Kaputtalismus sind laut Misik:

  1. niedriges Wachstum seit annähernd 40 Jahren
  2. explodierende Schulden aller Wirtschaftssubjekte (Staaten, private Haushalte, private Institutionen)
  3. dramatisches Wachstum der Ungleichheiten
  4. technologische Entwicklung, die kaum mehr Produktivitätsschübe mit sich bringt.
  5. bzw. Entkoppelung zwischen Produktivitätssteigerung, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung (Beispiel USA)

Die Transformation werde kommen müssen. Die Frage ist nur: Kommt sie als Crash, als langsamer, schleichender Niedergang oder gestalten wir sie (und tragen so aktiv zu unserem Glück bei – wie das Wort „Glück“ im Untertitel gemeint ist)?

Misik glaubt nach wie vor an die Politik (oder will dran glauben?!). Zwar nicht an jene, die als attraktivstes Argument das kleinere Übel zu sein angibt, aber an eine neue Linke wie sie eventuell auch Herr Kern verkörpern könnte… Da bleibt Misik allerdings dann doch recht vage.

Auf die Frage, warum er den ökologischen Aspekt nahezu völlig außer Acht gelassen habe, antwortet der Autor: Dieser Aspekt eröffnet ein völlig anderes Terrain, das nicht Gegenstand dieses Buches war.

Interessanterweise wird an diesem Abend auch kaum über das Bedingungslose Grundeinkommen gesprochen. Auch wenn sich alle einig sind, dass in den nächsten wieviel-auch-immer Jahren ganz viele Jobs wegfallen werden. Der klassische Ruf der Linken nach besserer Bildung werde auch daran nichts Gravierendes zu ändern vermögen, wie Misik betont.

Ganz ohne einen Verweis auf Griechenland kommt der Abend natürlich nicht aus: In Griechenland herrsche bereits das Chaos. Die soziale Versorgung sei nicht mehr gewährleistet. Doch die Not mache nicht nur kaputt, sondern auch erfinderisch ( © Volker Plass). Sie bringe neue Formen des gemeinsamen,  Wirtschaftens hervor (peer-to-peer, „commonismen“) & sie ent-deckt (© ich) Solidariät.

Meine Standardfrage, die ich jedem postwachstumsanimierten Redner (hier kann ich mir das Gendern getrost sparen) in den letzten 6 Jahren gestellt habe, beantwortet auch Misik nicht. Vielleicht habt ja ihr eine Idee: Um den Gedanken nachzuvollziehen, dass es in einem endlichen System (Erde), kein unendliches Wachstum geben kann, braucht man keine überdurchschnittliche Begabung. Warum sehen dann alle, die ich für viel gscheiter als mich halte, immer noch Wachstum als seeligmachende Lösung an? Warum diskutieren wir – die total geheime Postwachstumssekte?! –  schon seit Jahren über alternative Szenarien, während die Weltöffentlichkeit geistig zurückgeblieben das Wachstumsmantra vor sich hin brabbelt. /Ich ernte Zwischenapplaus, was nichts an der Nichtbeantwortung der Frage ändert./

Das anschließende Buffet ist zu 100% nicht glutenfrei. Dies trübt meine Stimmung. Zur Postwachstumssekte gehört auch ein Esoteriker, der meint, wir müssen erst unser Menschenbild ändern, dann ergäbe sich der Rest von selbst.  Ich habe nicht ausreichend Alkohol zur Verfügung (Bier ist voller Gulten!), um das nachvollziehen zu wollen und ziehe mich in den Raucherhof zurück, wo ich mir das zweite Autogramm meines Lebens hole. Nicht ohne Robert – wir dürfen ihn duzen – darauf hinzuweisen, dass er der einzig noch lebende Mensch ist, von dem ich mir je ein Autogramm geholt habe. (Das erste stammte von Paul Watzlawick.) Das mache ihn verlegen, wie er sagt.

Warum lesen diese verdammten PolitikerInnen nicht solche Bücher und bringen zukunftsfähige Entwicklungen in Gang? Warum scheißen sich die vor dem Kapital so in die Hose? Die haben doch erstens eh schon ausgesorgt, und dann haben die doch auch  Kinder, die in einer lebenswerten Welt ihre Kinder großziehen möchten… Nein das habe ich nicht Robert nicht gefragt. Vielleicht steht das ja in seinem Buch. Das geh ich jetzt lesen…

Robert Misik Kaputtalismus – Wird der Kapitalismus sterben, und wenn ja, würde uns das glücklich machen aufbau Verlag, 2016, 224 Seiten

Zu bestellen zu Beispiel beim Buchkontor, der Buchhandlung hinter der Stadthalle, die ab einer Mindestbestellung von € 25,- gratis versendet.

Danke an Beate Hemmelmayer für die Fotos.

Spät aber doch: Aufs Känguru gekommen.

Spät aber doch: Aufs Känguru gekommen.

Die Frau, die seit einiger Zeit im Wald, im Auto, beim Wäscheabnehmen, beim Kochen, … laut und herzlich lacht, bin ich! Ich höre die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling und amüsiere mich bestens.

Marc-Uwe lebt mit einem Känguru zusammen. Es spricht, säuft, kifft und ist Kommunist. Ein großartig intelligenter, absurder Spaß! Schön, dass es noch 2 weitere Folgen gibt.

Achtung: Nicht geeignet für öffentliche Räume!

die känguru-chroniken
Die Känguru-Chroniken: Live und ungekürzt.
Marc-Uwe Kling (Autor, Erzähler), HörbucHHamburg HHV GmbH (Verlag)
ca. 5h

Hier gibt´s eine Hörprobe eines meiner Lieblingskapitel: Neue Regeln.

Vladimir Vertlib, Lucia Binar und die russische Seele

Vladimir Vertlib, Lucia Binar und die russische Seele

Mpf. Bin ein bisschen enttäuscht. Da eines meiner Lieblingsbücher ebenfalls von Vladimir Vertlib stammt, Die besondere Geschichte der Rosa Masur, hab ich mich sehr auf eine weitere Frauen-Geschichte des in Österreich lebenden Russen Vertlib gefreut.

Seine neue Protagonistin, Lucia Binar, ist mit ihren 83 Jahren denn auch eine (vermeintlich liebe) alte Dame. Doch wehe, es geht ihr etwas gegen den Strich!

Aktuell kämpft sie darum, in ihrer Wohnung in der Großen Mohrengasse bleiben zu dürfen – ganz gegen den Willen von Hauseigentümer Willi Neff. Der würde das Haus gerne mieterbereinigt und saniert an Investoren verkaufen.

Aber er hat nicht mit dem Durchsetzungsvermögen von Lucia Binar gerechnet. Ihr hohes Alter macht sie nahezu unangreifbar. Dazu geht sie ungewöhnliche Allianzen ein, etwa mit dem Obdachlosenpaar in ihrem Hausflur. Wenn ihr jemand körperlich zu nahe zu kommen droht, der lernt den schnellen Angriff des Jiu-Jitsu-erfahrenen Studenten Moritz kennen. So kann keiner das Erfolgsduo aufhalten.

Das Übersinnliche – in Gestalt des Metaphysikers (?) Viktor Viktorowitsch Vint – löst schließlich auch den Rest der Probleme. Wobei die Botschaft Denk gut drüber nach, was du dir wünschst ein bisschen sehr platt daherkommt.

Das Buch liest sich leicht. Es ist lustig, gespickt mit vielen Zitaten aus der russischen Lyrik – echten wie erfundenen. Aber an „meine“ Rosa Masur kommt es bei weitem nicht heran.

Vladimir Vertlib
Vladimir Vertlib
Lucia Binar und die russische Seele
Deuticke Verlag
318 Seiten

 

  Erster Satz: Wenn ich jetzt sterbe, dann kann ich damit leben.

Abo-Empfehlung: Zeozwei

Abo-Empfehlung: Zeozwei

Zeozwei ist „Das Magazin für Klima, Kultur, Köpfe“. Es wird herausgegeben vom Berliner taz-Verlag und erscheint 4 x jährlich. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit dem Thema Essen. (Ein besonders spannender Beitrag ist z.B. der von Luise Tremel, die anhand des historischen Endes der Sklavenhaltergesellschaft im atlantischen Raum darlegt, unter welchen Umständen gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse möglich gemacht werden.)

Das ganze Heft ist sehr zu empfehlen – obwohl natürlich sehr deutsch, wie an diesem Teaser unschwer erkennbar. Leider kenne ich keine ähnlichen Publikationen aus Österreich, die sich mit solchen Zukunftsthemen beschäftigen würden.

zeozwei. das umweltmagazin in
Für wohlfeile € 5,50 (exkl. Versandkosten) flattert intelligente Lektüre ins Haus.

Ist gut essen Mittelschichtsgedöns? Oder ist es eine entscheidende ökologische und soziale Frage der Gegenwart? Seltsamerweise ist es so, dass eine Reihe politischer Menschen abschätzig auf gutes Essen herab blicken. Das „gut“ in „gut essen“ wird nicht als ethisch, moralisch und kulinarisch wünschenswert definiert, sondern als „Schickimicki“ abgewertet. Wer Geld für faire Produktionsbedingungen ausgibt, gilt nicht als Vorbild, sondern als Besserverdiener, der es sich leisten kann und mit Bio angibt.

Während diverse Emanzipationsbewegungen große Fortschritte gebracht haben, scheint die kulinarische Emanzipation weitgehend ausgeblieben zu sein. Die Currywurst aus Massentierhaltung gilt in manchen politischen Parteien als ehrliche Mahlzeit für aufrechte Genossen. Die Vorstellung, einen Tag auf Fleisch zu verzichten, wird mit großem Geschrei als Freiheitsberaubung dramatisiert.

Warum ist das alte Denken über das Essen so verkorkst?

Weiters gscheit

A propos Sondereditionen der taz: Wer auf Hintergrundgeschichten und umfassende Recherchen steht, dem seien die verschiedenen Atlanten des „Monde Diplomatique“ ans Herz gelegt. (Nein ist eh nicht Französisch). Vor allem Lehrerinnen und Lehrer sollten sich diese Hefte zulegen um den jungen Menschen alternative Perspektiven abseits vom Regelunterricht (welch hässliches Wort!)  zu ermöglichen. In Zeiten von TTIP aktueller denn je!

Atlas der Globalisierung - Weniger wird mehr
Die Schattenseiten der Globalisierung. Übersichtlich, klar, faktenreich. Kommt per Post um € 16,- (exkl. Versandkosten nach Ö.)

Mit dem Erwerb diverser taz-Produkte unterstützt ihr übrigens eine solidarisches Geschäftsmodell: taz ist eine Genossenschaft. Die Zeitung gehört sozusagen ihren LeserInnen. Wer der Genossenschaft beitritt sichert u.a die redaktionelle Unabhängigkeit. Die taz-Methode:

  • Wir machen eine Zeitung, die ihren LeserInnen gehört.
  • Wir verkaufen unsere Abos mit drei frei wählbaren Preisen.
  • Wir haben ein Freiwilligen-Abo fürs Internet, weil nur so taz.de kostenlos bleiben kann.
  • Wir sind eine Genossenschaft, die das Fundament unserer Unabhängigkeit bildet.
  • Wir leisten uns eine Stiftung, die journalistischen Nachwuchs fördert.
  • Unsere Ziele wachsen mit denen, die sie teilen. Wir vertrauen in allem der solidarischen Methode. Das ist der rote Faden. Knüpfen Sie daran an.

Also los: bestellen, lesen, gscheiter werden, guten Journalismus unterstützen!

 

George Packer, Die Abwicklung

George Packer, Die Abwicklung

Mehrfach ausgezeichnetes Buch über den (wirtschaftlichen) Niedergang der USA seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Fesselnd geschrieben und auch für nicht-Auskennerinnen ein Sachbuch, das frau zügig durchliest.

Packer, Mitglied der Redaktion des New Yorker, liefert in Die Abwicklung – Eine innere Geschichte des neuen Amerika – tiefe Insights in ein kaputtes politische System, in dem die Demokratie praktisch abgeschafft ist. Präsidenten und Gesetze werden von Kapital und Konzern-Lobbyisten gemacht. Die BügerInnen sind nur noch zur quasi-Legitimation da und zur (finanziellen) Ausbeutung. Was Amerika heute noch zusammenhält ist die Gier.

Packer analysiert das System anhand paralleler Biografien – wie z.B. jener der einfachen Industriearbeiterin Tammy Thomas, der des Politikberaters Jeff Connaughton, der jahrelang den Republikaner Joe Biden unterstützte oder des Biodiesel-Pioniers Dean Price. Auch in unseren Breiten bekanntere Persönlichkeiten wie Oprah Winfrey, Silicon Valley-Milliardär Peter Thiel oder der Rapper Jay Z kommen vor.

Ausführlich beschreibt der Autor die Finanz- und Immobilienkrise und wer davon am meisten profitiert (hat). Er legt dar, warum bisher niemand Rechenschaft ablegen musste dafür, dass hundertausende Amerikaner ihr Erspartes und/oder ihr Dach über dem Kopf verloren haben.

Es ist eine fesselnde, wenn auch bestürzende Geschichte, die Packer erzählt. Am Ende wünscht man sich, dass alles nur erfunden wäre. Ein packender Wirtschaftskrimi, der nichts mit der Realität zu tun hat …

 

die Abwicklung
George Packer
Die Abwicklung
übersetzt von Gregor Hens
Verlag S. Fischer
512 Seiten
9783100001573

The Unwinding heißt das Buch im Original. Es wurde mit dem National Book Award ausgezeichnet und erhielt in den USA wie auch im deutschsprachigen Raum hymnische Rezensionen. So schreibt z.B. Die Zeit: „Die Abwicklung ist besser als jeder Roman.“, die New York Times Book Review: „Packend, tief berührend, herausragend erzählt.“

Erster Satz: Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann die Abwicklung begann – wann die Bürger Amerikas zum ersten Mal spürten, dass die Bande sich lösten, die sie sicher, manchmal erdrückend fest wie eine eng gewicklete Spule, zusammengehalten hatten.“