So macht griechische Mythologie Spaß!
Ich hab ein bisschen gebraucht um in „Circe“ hineinzufinden, aber dann ließ sie mich nicht mehr los. Es ist tatsächlich eine großartige, spannende Geschichte über die Entwicklung einer Nymphe (sic!) zu einer gereiften, selbständigen, unabhängigen Frau.
Ja, sie ist eine Göttin und hat für ihre Entwicklung wortwörtlich eine Ewigkeit Zeit. Aber auch sie unterliegt den Gesetzen einer sehr patriarchalen Ordnung, mit all den Einschränkungen – und Privilegien – , die das Dasein als niedrige Gottheit mit sich bringt. Erst in ihrer Verbannung, also zurückgeworfen auf sich selbst, entdeckt und entfaltet sie ihr Talent.
Man kann „Ich bin Circe“ als rein unterhaltsame Fantasy-Geschichte lesen oder aber als Metapher für die westliche Gesellschaft, das Verhältnis zwischen Mann und Frau und als Affirmation, dass es Frauen gelingen kann, sich einer „gegebenen“ Weltordnung zu widersetzen. Allerdings nicht ohne Opfer und Schmerzen und Stärke, die weit über die männliche hinausgehen muss. Am Ende des Weges aber (nicht des Lebens) wartet ein äußerst erstrebenswerter Zustand: die Selbstbestimmung.
Madeline Millers „Ich bin Circe“, in der Übersetzung von Frauke Brodd, ist ein kluger, spannender, literarisch wertvoller Roman, der uns weiterbildet aber uns die griechische Mythologie endlich einmal aus einer weiblichen Perspektive näherbringt. Die Deutungshoheit gehört nun nicht mehr den Männern, den Heliossen, Odysseussen und Hermessen, sondern einer emanzipierten Nymphe.
Frau kann verstehen, warum sich Männer gegen diesen Wandel wehren. Die naturgegebene göttliche Omnipotenz zu verlieren und Macht plötzlich teilen (sic!) zu müssen, ist sicher schmerzhaft. Doch mein Mitleid hält sich in Grenzen…
Erster Satz
„Als ich geboren wurde, gab es für das was ich war, keinen Namen.“